Theophyllin ist ein natürlich vorkommendes Alkaloid aus der Gruppe der Methylxanthine. Es kommt u. a. in Teeblättern (in besonders hoher Konzentration in grünem Tee) sowie – in deutlich geringerer Menge – in Kakaobohnen vor. Seit Jahrhunderten ist es Bestandteil der täglichen Ernährung von Millionen Menschen weltweit.
In kosmetischen Produkten war sein Einsatz begrenzt – hauptsächlich aufgrund seiner lipolytischen, drainierenden Eigenschaften und seines positiven Einflusses auf die Mikrozirkulation der Haut. Daher fand Theophyllin vor allem in Anti-Cellulite-Produkten und Massagepräparaten Anwendung.
Darüber hinaus wird Theophyllin auch medizinisch eingesetzt – z. B. bei der Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen.
Da es in Kosmetika nie in großem Maßstab verwendet wurde, gab es auch nie eine begründete Sorge um eine Gesundheitsgefährdung der allgemeinen Bevölkerung (bei der das Risiko nennenswert durch kosmetische Produkte beeinflusst worden wäre).
Ein deutlich höheres Expositionspotenzial ergibt sich durch den Konsum von grünem Tee:
Laut Quelle: Statista wurden im Jahr 2023 weltweit rund 7,3 Milliarden Kilogramm Tee konsumiert!
Selbst wenn man (hypothetisch) von einem Theophyllin-Gehalt von 1 % ausgehen würde (in Wirklichkeit ist er deutlich niedriger), ist klar: Der Großteil der Exposition erfolgt über Aufgüsse – nicht über Kosmetika.
CLP-Einstufung und Konsequenzen
Im Jahr 2020 wurde Theophyllin gemäß CLP-Verordnung als reproduktionstoxisch Kat. 1B (H360D) eingestuft.
Was bedeutet das für Kosmetika?
Artikel 15 der EU-Kosmetikverordnung 1223/2009 verbietet den Einsatz von CMR-Stoffen (karzinogen, mutagen oder reproduktionstoxisch).
Ausnahmen sind möglich – aber nur unter strengen Bedingungen, z. B. durch Vorlage eines vollständigen toxikologischen Dossiers und einer positiven Stellungnahme des SCCS (Wissenschaftlicher Ausschuss für Verbrauchersicherheit) zu einer sicheren Verwendung.
Da Theophyllin nur marginal in Kosmetika eingesetzt wurde, hat sich die Branche nicht für eine Ausnahmeregelung eingesetzt – und seit Dezember 2023 ist seine Verwendung in kosmetischen Mitteln verboten. 🙁
Grüntee weiterhin erlaubt?
Hat irgendjemand gehört, dass der Verkauf oder Konsum von grünem Tee aufgrund dieser Einstufung eingeschränkt wurde?
Warum nicht? 🤔
Wenn Spuren von Theophyllin in Kosmetika verboten sind – müsste dann nicht erst recht die Aufnahme über Getränke problematisch sein?
Die Antwort lautet: Nein.
Ich darf weiterhin mehrmals täglich grünen Tee genießen – aber denselben Wirkstoff darf ich nicht mehr in Kosmetika verwenden. 🤔🤔🤔
„Dosis sola facit venenum“ – „Allein die Dosis macht das Gift.“
CLP – Gefahrenbewertung ohne Kontext?
Diese Situation zeigt klar: CLP-Klassifizierungen bewerten lediglich die inhärente Gefährlichkeit eines Stoffes – unabhängig vom tatsächlichen Expositionsszenario.
Ob ein Stoff ein Gesundheitsrisiko darstellt, hängt nicht nur von seinen Eigenschaften, sondern auch von Art und Kontext der Anwendung ab. Genau deshalb sollten wir die Maxime von Paracelsus nie vergessen – auch wenn es scheint, als hätten die EU-Gesetzgeber sie längst verdrängt.
Grüner Tee ist gesundheitlich unbedenklich.
Auch die Anwendung von Theophyllin in Kosmetika war bis vor Kurzem sicher, da die verwendeten Mengen minimal waren.
Ein wachsendes Problem für die Branche
Bis vor wenigen Jahren war Artikel 15 der Kosmetikverordnung kein großes Thema – die CMR-Verbote betrafen v. a. synthetische Stoffe oder einige wenige natürliche Substanzen mit hohem Risiko.
Doch heute – im Zuge des „Green Deals“ der EU-Kommission – beobachten wir eine zunehmende Regulierungsaktivität der ECHA. Immer häufiger werden natürliche Inhaltsstoffe, die seit Jahrhunderten verwendet werden, im Rahmen harmonisierter Einstufungen (inkl. CMR) als gefährlich eingestuft.
Mit Sorge blicken wir u. a. auf die Entwicklungen rund um Ethanol, Teebaumöl, Talkum oder terpenhaltige Duftstoffe.
Fazit
Der aktuelle Rechtsrahmen – ursprünglich zum Schutz der Verbraucher:innen geschaffen – wirkt zunehmend branchenfeindlich und widerspricht dabei oft der toxikologischen Logik.
Verboten werden Stoffe, die unter realistischen Bedingungen nachweislich sicher sind.
Dabei wird die Rolle der Haut als Schutzbarriere völlig vernachlässigt – ihre Hauptfunktion besteht darin, den Körper vor äußeren Einflüssen zu schützen.
Wäre die Haut so durchlässig, wie viele Regularien es implizieren, gäbe es kaum Bedarf an oralen oder injizierbaren Arzneimitteln.
Das derzeitige System führt dazu, dass bewährte, traditionelle Inhaltsstoffe aus der Kosmetik verschwinden.
Das bremst Innovation, schränkt die Verfügbarkeit natürlicher Rohstoffe ein – und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kosmetikindustrie gegenüber Märkten, in denen der Green Deal (noch) keine Anwendung findet.